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KATSCH me if you can - Halbleer


Ist doch alles egal, dachte Jacoby und starrte gedankenverloren auf das halbvolle Glas Rotwein, das vor ihm stand. Irgendwie war es jetzt eh zu spät, irgendetwas rückgängig zu machen. Und außerdem war das Glas halbleer. Halbleer und hoffnungslos, so fühlte sich auch Jacoby, als er so an seinem Küchentisch saß, den Kopf auf beide Hände gestützt.

Es war ziemlich dunkel, weil es die Glühlampe, die nackt an ihrem Kabel von der Decke herabhing, schon seit Ewigkeiten nicht mehr tat und niemand sich die Mühe machte, sie auszuwechseln. Wer sollte das auch tun?, dachte er und seufzte voller Selbstmitleid und Abscheu gegenüber der ganzen verdammten Welt.

Letztlich bleibt dir nichts anderes übrig, als alles selbst in die Hand zu nehmen, hatte ihm mal jemand gesagt - wer, war egal, denn Jacoby machte sich nichts aus zu pflegenden Kontakten und besaß daher auch keine - und er hatte Recht behalten. Das kümmerte ihn nicht. Die sollen sich um ihren eigenen Dreck kümmern, um ihr eigenes vermurkstes Leben.

Es war bereits kurz nach halb Zehn. In einem Zug leerte er das Glas und stand dann auf, um es auf die Spüle zu stellen, die nach Schimmelresten und Bier stank und von beidem mehr gesehen hatte als von klarem Wasser und Spülmittel - letzteres war nach einem finalen Gebrauch vor ein paar Monaten oder Jahren nämlich nie mehr nachgekauft worden.

Mit den Händen in den Hosentaschen und leicht gekrümmtem Rücken - geradeso, dass es nicht nur ungesund und unbequem aussah, sondern auch war - stand er also vor dem alten Waschbecken und starrte den Wasserhahn an.

Plötzlich brach er in lautes Gelächter aus und schlurfte aus der Küche, durch den Flur und dann in das Wohnzimmer, was auch nur so hieß, weil es eine Couch gab, die mit ihren gelben, ledrigen Fetzen Stoff - es war mal ein Bezug gewesen - eher an ein Sperrmüllstück erinnerte, dass seine besten Tage in den Fünfzigern gehabt hatte und nicht mehr die Kraft besaß, sich daran zurückzuerinnern.

Das große Fenster wurde zur Hälfte von einem vergilbten Vorhang verdeckt, die Jacoby eigentlich immer so ließ. Die Glasscheibe dahinter war mit jahrealtem Staub so verdreckt, dass die Welt da draußen viel grauer aussah, als sie eigentlich war, und dennoch konnte man sich leicht dieser Illusion des öden Weltbildes hingeben. Vor allem bei seiner Flasche Bier (wenn es doch nur eine wäre) konnte Jacoby stundenlang auf dem Sofa sitzen und die armen Menschen bedauern, die noch nicht begriffen hatten, wie vergeblich doch alles war, wie grausam Gott es doch gemeint haben musste, damals.

Heute Abend würde er wieder dort sitzen, mit leicht geöffnetem Mund und auf der Suche verlorengegangenen Augen seinen Gedanken nachgehen, die von Spätsommer zu Spätsommer negativer und irrealer wurden und immer skurrilere Formen anzunehmen schienen. Dabei rauchte er für gewöhnlich billige Zigaretten aus dem Automaten im Hausflur dieses großen Mietshauses und hustete heiser und grässlich in die Stille hinein, nur um dieses raue Kratzen, dass ihm manchmal Angst machte, mit einem Schluck aus der Flasche aus der Kehle zu spülen.

Wenn an Tagen wie diesen das Telefon klingelte, ging Jacoby schon gar nicht mehr dran, aus Furcht, mit jemandem zu reden und sich plötzlich, ohne es zu wollen, auf jemanden zu verlassen. "Ich verspreche es", sagten sie immer, diese Leute, die ihn kontaktierten, die sich mit ihm treffen wollten, die sich um seine Gesundheit sorgten. Und dann begann Jacoby, ihnen zu vertrauen. Doch das Risiko durfte er nicht wieder eingehen - hatte er doch schon zu oft den Schmerz der Enttäuschung verspürt, dieses kalte Streifen des Windzuges, der diese Absage brachte, dieses heisere Gekicher in seinem Hinterkopf, verstärkt von den Entschuldigungen dieser Menschen, die ihn verraten hatten, um ihn zum Fallen zu bringen. Sie wollten ihn verunsichern, um ihn aus dem Weg zu räumen, soviel war sicher.

Aber, dachte Jacoby, ist doch alles egal. Hat alles gar keinen Sinn mehr, denn wozu soll ich meine Position noch verteidigen? Was soll ich noch hier, in diesen wässrigen Nebelschwaden aus Lügen und Gelächter? Ich bleibe hier stehen, wenn es geht, ich lasse mich nicht treiben in diesem Fluss der Dinge, doch wenn es nicht mehr geht, dann geht es eben nicht mehr.

Heute Abend trank er mehr als sonst, heute Abend dachte er, ist doch eh alles egal. Und als es immer später wurde und schließlich die Sonne aufging, als alle negativen Gedanken zu Ende gebracht worden waren und alles Unheil dieser Welt durch Jacobys Kopf gewandert war, lag er tot auf seinem Sofa, mit dem Kopf auf der Armlehne. Sein Mund war leicht geöffnet, als wolle er widersprechen, was er immer tat, doch dieses Mal tat er es nicht und es rann nur ein dünnes Rinnsal an Speichel aus seinem Mundwinkel. Die ersten Sonnenstrahlen streiften sein Gesicht, und das staubige, stickige Zimmer wurde in helles Licht getränkt, es wurde geflutet von Fröhlichkeit und Hoffnung. Zuversicht war das, was zum ersten Mal seit langem durch den Raum schwirrte und es sollte für lange Zeit auch das letzte sein.

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